Weitab von allem und sogar vom Rest Neuseelands liegen die kargen, sturmgepeitschten und von dichtem Urwald überzogenen Catlins. Hier bedeutet “Hauptsaison”, dass man überhaupt mal ein anderes Wohnmobil sieht. In dieser Abgeschiedenheit lebt ein ganz besonderer Menschenschlag – was in der Roadside-Attraktion “Lost Gypsy Gallery” überdeutlich wird.
Nach stundenlangem Dahinschaukeln auf einsamen Gravel Roads (oder in der Hauptsaison: auf Gravel Roads, auf denen genau ein Fahrzeug fährt, das 5 km/h langsamer als das eigene ist und nicht überholt werden kann) stößt man einfach so am Straßenrand darauf: eine ausgestopfte Puppe hält ein Schild mit dem verlockenden Wort “Curious?” hoch und man kann gar nicht anders als anhalten.
Inmitten von Gebüsch und ein paar durchgeknallten Wellblech-Kreationen steht hier ein dunkelgrüner umgebauter Wohnwagen, den ein gewisser Blair Somerville aus nur ihm bekannten Gründen zum Museum/Shop/Raritätenkabinett umfunktioniert hat und seit 15 Jahren immer weiter ausbaut. Mit einer Unzahl an absolut sinnfreien, aber sehr witzigen Basteleien und technisch-mechanischen Kreationen sorgt er nicht nur bei Kindern für Staunen und Lachen.
Eine Art Botschaft liegt sicherlich darin, dass die meisten Gadgets recycelt oder “upcycelt” sind und/oder aus Naturmaterialien bestehen, die vor allem am Strand angeschwemmt wurden – Paua-Schalen, alte Flaschen, Knochen und der unerlässliche “Number 8 Wire”.
Dass Blair einen ganz besonderen Humor hat, sieht man unter anderem an den interessanten Schildern, die sein Anwesen schmücken. Eines lautet zum Beispiel: “Life is full of temptations. This button is one of them.” (“Das Leben ist voller Versuchungen; dieser Knopf ist eine davon.”) Sicher wollt ihr wissen, was passiert, wenn man der Versuchung nachgibt?*
Ein anderes Schild fanden wir so mittelwitzig …
… aber wir können Blair verstehen. Wenn man ihn in seinem “Atelier” im Nebenraum der Ausstellung sitzen und hingebungsvoll fruddeln sieht, dann nervt ihn wohl nichts mehr, als ständig aufstehen und seine Apparate wieder geradebiegen, aufstellen oder neu zusammenbauen zu müssen. Und dass man all die kleinen Gadgets supergern anfassen, ausprobieren und HABEN will, konnten wir bei unseren Kindern live beobachten.
Mein persönliches Lieblingsstück in Blairs Ausstellung: eine an die Decke genagelte Sprungfeder, die beim Schwingen tatsächlich so klingt wie ein Laserschwert aus Star Wars. Des Weltwundermanns Favorit: das Easy-Rider-Schafsgerippe, das stolz auf einem Fahrrad thront.
Das Lieblingsstück des Sohnes: ein riesiger Wellblech-Wal, den man in Bewegung kurbeln kann. Die Tochter fand am besten: die vielen Maschinen aus Paua-Muschelschalen (die man zu unverschämten Preisen kaufen kann; sollte das ein Scherz sein?).
Ach ja, einen sehr ordentlichen Kaffee kann man an einem extra Bar-Bauwagen auch kaufen. Wir waren geizig und haben uns nur im umgebauten Wohnwagen und im vorderen Bereich der Gallery umgeschaut; für 5 NZ$ pro Nase kann man sich nach Herzenslust auf dem Gelände vergnügen, wo noch zig weitere Wundermaschinen warten.
Blair dreht in seiner Werkstatt übrigens keine Däumchen, sondern bastelt ständig an Verbesserungen; sollte die Ausstellung also geschlossen sein, wenn ihr vorbeikommt, dann liegt das am Umbau vor einer Neueröffnung. Seid dann nicht böse, haltet ein Schwätzchen mit Blair und probiert den leckeren Kaffee!
Wo? Southern Scenic Highway, am Abzweig der Tahakopa Valley Road in Papatowai
Geöffnet: täglich außer mittwochs im (neuseeländischen) Sommer ab dem Wochenende vor dem “Labour Day”, das ist der vierte Montag im Oktober, 11 bis 17 Uhr
Eintritt: frei für den Wohnwagen und den Vorplatz, 5 NZ$ für das interaktive “Winding Thoughts Theatre”
* Die Auflösung für den Knopf der Versuchung: Wer tatsächlich draufdrückt, bekommt eine kalte Dusche von oben. (Hab ich nur gesehen, ich hab nicht draufgedrückt!!)
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