! Aktualisiert am 22. August 2022
Über das Wandern in Neuseeland mit Kind haben wir schon einige Beiträge auf dem Blog, weil es nun mal das ist, was Familien in Neuseeland am liebsten tun. An die Kür der Neuseeland-Wanderrouten, nämlich die Mehrtages-Tracks (zu denen auch die berühmten Great Walks zählen), wagen sich jedoch nur wenige Eltern. Vor allem mit Babys scheint das zu schwierig. Unsere Expertin im Interview zeigt, dass das gar nicht stimmt!
Weltwunderer: Liebe Isabel, bitte erzähle uns doch erst einmal kurz, wer ihr seid!
Isabel: Wir, das sind Matthias, Isabel und unser Kleiner (7 Monate zu Reisebeginn), waren während unserer Elternzeit in Neuseeland unterwegs. Matthias und ich waren schon einmal da gewesen und schnell war klar, dass wir dieses wunderschöne Land wieder bereisen möchten, wenn sich die Möglichkeit bietet.
WW: Wie lange wart ihr im Land unterwegs?
Isabel: Wir waren drei Monate in Neuseeland mit Auto und Zelt (oft auch Hostel) unterwegs. Wir sind von Auckland in zwei Wochen nach Wellington gefahren und dann auf der Südinsel über die Westcoast weiter nach Stewart Island. Zurückgeflogen sind wir von Christchurch. Das war die grobe Route.
WW: Hattet ihr das geplant, dass ihr auch Mehrtageswanderungen in Neuseeland laufen wollt?
Isabel: Ja. Aber wir wussten bei der Planung nicht, wie unser Kleiner das mitmachen würde. Wir waren letztes Mal viel in Neuseeland gewandert und uns war klar, was uns erwartet und wie wir das aufziehen müssen, damit er mit kann.
WW: Welche Mehrtages-Tracks in Neuseeland habt ihr ausgewählt?
Isabel: Wir haben sehr viel Zeit in die Recherche von Wegen gesteckt und hatten am Ende eine Liste von etwa 10 bis 15 Mehrtages-Wanderwegen, die sich für Babys eignen.
Auf der Nordinsel waren wir im Tongariro National Park unterwegs, sind in einem Loop zur Whakapapaiti Hut und zurück gelaufen. Die gesamte Laufzeit war mit zwei bis vier Stunden am Tag moderat.
Auf der Südinsel sind wir zur Green Lake Hut im Fiordland National Park gelaufen und den Mount Somers Track (zur Pinnacles Hut und dann zur Woolshed Creek Hut) haben wir auch noch gemacht.
Hauptkriterium war immer, das keine Tagesstrecke länger als drei bis vier Stunden ist. Wir hätten zwar länger gekonnt, aber der Kleine war länger in der Trage nicht glücklich, und darum ging es schließlich.
Eigentlich hatten wir uns viel mehr Wege vorgenommen, aber Krankheiten und das Wetter haben uns teilweise einen Strich durch die Rechnung gemacht…
WW: Welche Reaktionen habt ihr von den Neuseeländern zu euren Plänen bekommen?
Isabel: Die Kiwis fanden es meist gar nicht so außergewöhnlich. Sie gehen ja auch viel mit ihren Kindern wandern, allerdings meist erst, wenn die Kinder selbst laufen können. Wir haben viel Zuspruch und Tipps für weitere kinderfreundliche Tracks bekommen. Negative Reaktionen haben wir nicht erlebt.
WW: Wie habt ihr euch auf die Mehrtages-Wanderungen mit Baby vorbereitet?
Isabel: Wir haben unser Essen genau eingeplant und uns auch bei unserer Ausrüstung, z. B. bei der Kleidung, eingeschränkt (um dann noch einen Body und eine Windel mehr für den Kleinen mitzunehmen). Es war wichtig, dass alles tragbar blieb.
WW: Wie viel Gepäck und Proviant hattet ihr dabei? Hat es ausgereicht?
Isabel: Wir hatten meistens natürlich zu viel dabei… Aber lieber ein paar Windeln zu viel als zu wenig ;-)
Matthias hatte einen großen Rucksack und am Anfang einer Wanderung fast 30 kg auf dem Rücken. Ich hatte noch einen kleinen Daypack dabei. Proviant hatten wir immer für einen Tag mehr eingepackt. Bei dem neuseeländischen Wetter weiß man ja nie, ob man noch eine Nacht mehr in einer Hütte bleiben muss.
WW: Was hat euer Kleiner zum Wandern in Neuseeland gesagt? Wie hat er sich unterwegs und abends auf der Hütte beschäftigt?
Isabel: Viel gesagt hat er damals noch nicht ;-) Unser Kleiner hat sich mit seinen sieben bis zehn Monaten noch nicht viel fortbewegt, so dass wir ihn in den Hütten auf eine Decke gelegt haben, wo er gespielt und erste Krabbelversuche unternommen hat. Oder die anderen Wanderer haben ihn unterhalten.
Unterwegs haben wir Pausen eingelegt, wenn er keine Lust mehr hatte, getragen zu werden. Spielzeug hatten wir nur wenig und leichtes dabei. In dem Alter ist ja alles irgendwie interessant.
WW: Wie habt ihr das unterwegs mit dem Füttern und Wickeln gemacht?
Isabel: Wir haben lange überlegt und dann doch Einwegwindeln mitgenommen. Man muss halt seinen Müll wieder mitnehmen, deshalb wurden die Rucksäcke auch nur ein bisschen leichter während der Wanderung. Das weniger werdende Essen wurde durch schwerer werdende Windeln ausgeglichen…
Ich habe noch gestillt, aber der Kleine hat auch feste Nahrung gegessen. Zu der Zeit leider fast nur Avocado und Kumara (Süßkartoffel), wodurch der Rucksack auch schwer war. Wir haben abends Kumara und Nudeln für ihn in der Hütte gekocht, die Reste gab es dann am nächsten Tag.
Wir hatten einen Regenponcho als Sitz- und Krabbelunterlage für unterwegs dabei (Nässe vom Boden kommt nicht durch und ist auch nicht so schwer), den haben wir dann, wenn es gar nicht anders ging, auch mal mitten auf den Weg gelegt und Pause gemacht, gewickelt und gegessen.
WW: Wie kann man sich eine Übernachtung in einer neuseeländischen Hütte vorstellen?
Isabel: Es gibt große Matratzenlager, meist zweistöckig, manchmal auch auf mehrere Räume verteilt. Jede Hütte ist anders. Manche haben nur zwei Schlafplätze und bestehen aus einem Raum, andere haben über 80 Schlafplätze auf mehrere Stockwerke verteilt. Wir waren meist in mittelgroßen Hütten mit 10 bis 20 Plätzen und einem oder zwei Räumen. Es gibt einen Essensbereich mit Stellplätzen für Gaskocher, Bänken und Tischen, Holzofen und Kerzen. Alles sehr gemütlich.
WW: Habt ihr auch andere wandernde Familien getroffen?
Isabel: Bei den Mehrtages-Tracks haben wir niemanden unter acht Jahren getroffen. Familien mit jüngeren Kindern haben wir vor allem bei beliebten Tagesausflügen (z. B. auf dem Key Summit) getroffen.
WW: Was war eure Lieblingswanderung mit Kind in Neuseeland?
Isabel: Definitiv der Mount Somers Track. Drei wunderschöne Tage!
WW: Welche wichtigsten Tipps würdet ihr anderen Familien mitgeben, die sich an einen Mehrtages-Track mit Baby in Neuseeland wagen wollen?
Isabel: Wenn ihr ohne Kind schon Erfahrung habt, dann probiert es einfach aus! Wenn ihr zum ersten Mal auf Hüttenwanderung geht, solltet ihr euch vorher gut informieren und auf keinen Fall das Wetter unterschätzen.
Wir sind immer gewandert, wenn unser Kleiner schlafen wollte. Seine eigene Mobilität war wichtig für ihn, also gutes Wetter für Pausen abpassen, kurze Strecken wählen und nicht ans eigene Limit gehen, damit das Kind nicht zu kurz kommt.
Momentan könnten wir keine vier Stunden mehr mit ihm wandern, weil er zurzeit viel krabbeln will. Wir müssten dann sehr viele kleine Etappen machen.
WW: Danke für deine Mühe und die vielen Tipps für unsere Leser, liebe Isabel! Wir wünschen euch weiterhin viel Wanderfreude und vor allem ein weiterhin wanderfreudiges Kind ;-)
Mehr Beiträge zum Wandern mit Baby und Kind in Neuseeland findet ihr hier:
- Mit Kindern in Neuseeland wandern: kleine Wegekunde
- Wandern mit Kind in Neuseeland: der Karangahake Gorge Windows Walk
- Sicher wandern in Neuseeland: Wie wir am Piha Beach fast gestorben wären
- Wandern mit Kindern in Neuseeland: der Circle Track im Fiordland
- Wandern mit Kindern in Neuseeland: der Rob Roy Glacier Walk
- Blog-Interview: Familienwandern in Neuseeland
- Mit Baby auf dem Kepler Track
- Wie man das Tongariro Crossing läuft – mit Baby
Viele schöne (kürzere) Wander-Ideen, die auch mit Baby und Kind machbar sind, findet ihr in meinen zwei Pocket-Reiseführern Neuseeland abseits der ausgetretenen Pfade*.
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