! Aktualisiert am 12. Juli 2022
Wandern im Hochsommer ist eigentlich keine gute Idee – es sei denn, die Wanderung bietet immer wieder Abkühlung. Die ideale Wanderung für die Sächsische Schweiz im Sommer ist der Flößersteig im Kirnitzschtal bei Bad Schandau – von uns selbst an einem heißen Juli-Tag mit Kindern getestet.
Der Flößersteig ist ein sehr alter Wanderweg. Er wurde – wenig überraschend – ursprünglich von Flößern angelegt, die das im Elbsandsteingebirge geschlagene Holz über die Kirnitzsch flussabwärts in die Elbe beförderten. Wie das genau ging, warum man es machte und wie die Flößer damals lebten, kann man heute auf vielen informativen Tafeln lernen, die den Flößersteig über seine gesamte Länge von 15 km säumen. Der Flößersteig ist aber nicht nur einer der ältesten Lehrpfade der Sächsischen Schweiz, er ist auch perfekt als Wanderung in der Sächsischen Schweiz im Sommer.
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Obwohl er streckenweise recht anspruchsvoll ist, schätzen wir den Flößersteig als komplett kindertauglich ein. Eigentlich sogar gerade WEIL er so anspruchsvoll ist – denn welches Kind mag nicht gern aufregende Steilhänge bezwingen, sich an Ketten emporziehen oder über Baumwurzeln springen?
Wo liegt das Kirnitzschtal?
Durch das tschechische Örtchen Krasna Lipa und das wildromantische Khaa-Tal in der Böhmischen Schweiz fließt die Kirnitzsch immer nach Westen, bis sie die deutsche Grenze überquert (und für den Verlauf von 8 km auf ihr entlangläuft). Hier hat sie im Lauf der Jahrtausende ein tiefes Tal in den Sandstein gefressen und das Kirnitzschtal geschaffen. Es zieht sich vom Elbufer in Bad Schandau, dem letzten nennenswerten Ort vor Tschechien, bis nach Hinterhermsdorf, wo die Kirnitzsch mittels zwei Schleusen kurzzeitig angestaut wird; hier kann man sie mit Kähnen befahren.
Bei Touristen war das Kirnitzschtal schon im 19. Jahrhundert bekannt und beliebt. Früher ließen sich die feinen Herrschaften von Trägern auf Sänften und Stühlen in die fantastischen Felsenlandschaften hinauftragen, etwa zum riesigen Felsentor “Kuhstall” oder auf die Affensteine. Heute läuft man lieber selbst. Die Wanderparkplätze entlang der Kirnitzschtalstraße sind zwar zahlreich, aber klein; wer hier an Wochenenden nach 10 Uhr aufschlägt, der hat definitiv Pech.
Und wildes Parken am Straßenrand ist im Kirnitzschtal unmöglich: Auf der einen Seite ragt eine steile Felswand empor, auf der anderen fließt die Kirnitzsch, gesäumt von… Straßenbahnschienen. Auf denen zuckelt halbstündlich die historische Kirnitzschtalbahn entlang, eine schmale gelbe Straßenbahn (!), die auf der falschen Straßenseite fährt – immer wieder kommt es hier zu kleineren Unfällen mit unachtsamen Autofahrern. Schon seit 1898 fährt diese Straßenbahn durch das Kirnitzschtal und hat die Region touristisch erschlossen. Heute ist sie berühmt als erste Überland-Straßenbahn der Welt (!).
An heißen Sommertagen ist es im Kirnitzschtal zuverlässig immer etwas kühler. Wo die eiskalte Kirnitzsch rauscht und das dichte grüne Blätterdach aus Buchen und anderen Laubbäumen Schatten spendet, kann man auch bei 30° C wunderbar wandern. Zwischendurch warten diverse Gasthöfe und Mühlen mit Erfrischungen, und baden kann man natürlich auch, wenn man sich traut.
Wir haben das Kirnitzschtal an einem heißen Julitag auf Sommertauglichkeit getestet und sind auf dem 15 km langen Flößersteig gelaufen (wenn auch nicht die gesamte Länge). Wie das mit drei Kindern zwischen 6 und 12 Jahren ging, zeigen wir euch hier.
Der Flößersteig: immer am Bach entlang
Der Flößersteig ist einfach perfekt an sommerlichen Tagen, weil er fast über die gesamte Strecke im Schatten und nahe am Bachufer verläuft. Zwar fehlen hier die weiten Aussichten und Panoramen, dafür gibt es viel zu lernen, zu kraxeln und sich zu erfrischen – sowohl im Wasser (für die Kinder) als auch bei Radler und mehr (für die Großen).
Der Beruf des Flößers hatte in der Sächsischen Schweiz lange Zeit eine große Bedeutung. Im Industriezeitalter stieg der Bedarf nach Brennholz steil an, also begann man überall, Wälder abzuholzen und neu anzupflanzen (um wieder abholzen zu können). Im Kirnitzschtal wurde schon seit 1580 geflößt. Riesige Massen an Baumstämmen wurden hier aus der Sächsischen Schweiz geholt und auf der Kirnitzsch mit Wasserkraft nach Bad Schandau in die Elbe befördert.
Die Arbeit war hart und gefährlich, die Flößer arbeiteten meist von schmalen Steigen am Flussufer, von wo sie die verkanteten Stämme weiterschoben. Mehrere Sägemühlen lagen direkt am Ufer der Kirnitzsch. Hier wurden die Baumstämme für den Weitertransport bearbeitet oder direkt vor Ort geschliffen.
Genau auf den historischen Steigen führt heute der Flößersteig entlang. Er beginnt im Ort Bad Schandau, natürlich am Ufer der Kirnitzsch, die hier ordentlich eingemauert neben dem Kurpark entlangfließt. Von der Rudolf-Sendig-Straße biegt man in die Badallee ab und geht dann ein Stück durch den mondänen Kurpark, die Kirnitzsch immer im Blick. Nach einem kurzen Stück am Rand der Kirnitzschtalstraße entlang führt der “richtige” Wanderweg auf der gegenüberliegenden Straßenseite steil in den Wald hinein.
Dieses Stück des Flößersteigs ist wenig spektakulär, da es eben auch nicht an der Kirnitzsch entlangführt. Wenn ihr jüngere Kinder dabeihabt oder Zeit sparen wollt, raten wir euch: Fahrt lieber eine Haltestelle mit der Kirnitzschtalbahn oder mit dem Bus 241 zur Ostrauer Mühle und fangt dort erst an zu wandern.
An der Ostrauer Mühle liegt ein sehr hübscher Campingplatz, und hier führt der Flößersteig wieder über die Straße. Hinter der Ostrauer Mühle (Gelegenheit zur Einkehr!) geht es nun wesentlich schöner und interessanter auf dem Flößersteig weiter. Lasst euch von der Warnung, der Weg wäre schwierig, nicht abschrecken!
Ja, man muss für die folgende Etappe trittsicher und schwindelfrei sein, aber der Weg ist für einigermaßen fitte Menschen in festen Schuhen easy zu bewältigen. Bis zum Forsthaus (nächste Einkehrgelegenheit) geht es auf einem sehr schmalen Pfad voran. Manche Stücken sind sehr steil und felsig oder führen über Wurzeln, während es nach links steil nach unten geht. Gefährlich ist das allenfalls bei oder nach Regen, wenn der Granit des Bodens (kein Sandstein hier!) recht glatt wird.
Zum Glück warten an jedem haarigen Stück Kettenversicherungen oder Handläufe aus Metall, an denen man sich festhalten oder entlanghangeln kann. Den Kindern macht das großen Spaß, und das schlimmste, was passieren kann, wäre ein Sturz in die wenige Meter tiefer liegende Kirnitzsch.
Habt ihr das Forsthaus erreicht, wird der Flößersteig langsam wieder etwas sanfter. Der schmale Pfad wird nun zu einem breiteren Weg, der fast immer direkt am Ufer der Kirnitzsch entlangführt. Bald habt ihr den Beuthenfall erreicht. Nicht zu viel erwarten bitte: Der Beuthenfall liegt eingezwängt zwischen zwei Häusern und hinter einem Bauzaun am Felshang und ist wenig spektakulär. Der Gasthof daneben hat schon vor Jahren geschlossen. Also schnell weiter zum Lichtenhainer Wasserfall – ehemals DER Attraktion im Kirnitzschtal!
Tragisches Finale: Lichtenhainer Wasserfall am Ende des Flößersteigs
Ob sich die nächste Etappe des Flößersteigs vom Beuthenfall und dem Lichtenhainer Wasserfall lohnt? Aus unserer Sicht eher nicht. Der Flößersteig führt hier für ca. 700 m direkt an der Kirnitzschtalstraße entlang. Das wird spätestens dann knifflig, wenn die Kirnitzschtalbahn vorbeirast (haha), denn dann wird es auf der Straße eng.
In Lichtenhain mündet der Dorfbach in die Kirnitzsch und stürzt zu diesem Zweck über die steile Granitfelsenstufe der “Lausitzer Überschiebung” ins Tal. Schon 1812 wurde dieser Wasserfall schriftlich erwähnt, 1830 kam der findige Gastwirt der Lichtenhainer Mühle auf die glorreiche Idee, den Wasserfall etwas aufzupeppen: Seitdem wird das Wasser durch ein hölzernes Wehr angestaut und kann dann auf Wunsch in einem Schwall abgelassen werden – was den Wasserfall ungleich spektakulärer macht.
Das diente als zuverlässige Touristenattraktion, bis 2021 (mal wieder) eine Flut kam und die Wehranlage zerstörte. Der Dorfbach fließt nun wieder ganz natürlich und unspektakulär (aber dennoch sehr hübsch!) zu Tal und die Anwohner von Lichtenhain barmen und bitten um Spenden, damit sie ihre Lebensgrundlage restaurieren können.
Dieser tragische Anblick markierte für uns gleichzeitig das Ende des Flößersteigs. Tatsächlich führt der Flößersteig noch deutlich weiter: über die Kirnitzsch-Brücke zurück ans südliche Ufer und über den leichten Anstieg des Hausbergs weiter bis zur Neumannmühle laufen. Hier endet der Flößersteig offiziell, gleichzeitig ist hier ein Etappenziel des Malerwegs.
Aber da der Lichtenhainer Wasserfall auch die Endhaltestelle der Kirnitzschtalbahn ist, bot sich für uns das Umdrehen an. Wir hatten ohnehin viel zu viel Zeit verloren beim Baden im eiskalten Wasser des angestauten Kirnitzsch-Altarms zwischen Ostrauer Mühle und Mittelndorfer Mühle. Wobei, “verloren” kann man so ein Bad an einem heißen Sommertag nun wirklich nicht nennen!
Wie lang ist der Flößersteig?
Insgesamt ist der Flößersteig 15 km lang. Aber das Tolle am Flößersteig ist ja: Man kann diese Wanderung nach Lust und Laune an einer der sieben Haltestellen im Kirnitzschtal beenden und in den Bus oder die Kirnitzschtalbahn steigen, die einen zurück nach Bad Schandau bringt. Wie bei einem Hop-on-hop-off-Bus zum Sightseeing könnte man auch einzelne Teile des Weges überspringen. Das macht den Flößersteig perfekt für Wanderungen mit Kindern.
Unser Tipp für die schönste Etappe: eindeutig die zwischen Ostrauer Mühle und Forsthaus. Das sind schlappe 1,7 km – ihr könnt das nach vorn und/oder hinten beliebig ausbauen. An allen Haltestellen habt ihr die Wahl zwischen Bus und Bahn – ersterer ist in den Tageskarten der VVO (und im 9-Euro-Ticket) enthalten, letztere nicht.
Ein weiterer Pluspunkt am Bus: Er bringt euch ganz bequem direkt zum S-Bahnhof Bad Schandau, ohne dass ihr noch einmal durch den Ort laufen und mit der Fähre über die Elbe fahren müsst. Er bringt euch sogar bis nach Pirna!
Achtung, der Flößersteig ist nicht ungefährlich!
Auch wenn wir den Flößersteig für absolut harmlos halten und ihn mit unseren Grundschulkindern problemlos geschafft haben: Ganz harmlos ist er nicht. Vor allem das spannende Stück zwischen Ostrauer Mühle und Forsthaus ist etwas schwieriger, weil der Weg hier sehr schmal ist und an einem steilen Felsufer entlangführt. Metallketten und Seile sichern an den steilen Stücken, trotzdem ist hier Trittsicherheit nötig und feine Sonntagsschuhe wären eine schlechte Idee.
Mit Hunden würde ich es mir auch dreimal überlegen, hier langzulaufen. Und nach Regen kann der Granit der Lausitzer Überschiebung äußerst rutschig werden!
Auch an heißen Sommertagen sind feste Schuhe für den Flößersteig Pflicht. Ein Handtuch kann auch nicht schaden :-)
Wandern im Kirnitzschtal: am besten mit Bus und Kirnitzschtalbahn
Wir haben es schon angedeutet: Im Kirnitzschtal ist es für Autos sehr eng. Wenn immer möglich, solltet ihr mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Das macht die Wanderung auf dem Flößersteig auch viel einfacher!
Diese Möglichkeiten habt ihr:
- mit der S-Bahn oder dem EC zum Nationalpark-Bahnhof Bad Schandau (alle 30 Minuten vom Dresdner Hauptbahnhof), dann übersetzen mit der Fähre zum Elbkai Bad Schandau, durch den Ort laufen zum Startbahnhof der Kirnitzschtalbahn
- mit S-Bahn oder EC nach Bad Schandau, dann umsteigen in den Bus 241 und ins Kirnitzschtal hineinfahren
- in Pirna in den Bus 241 steigen und ins Kirnitzschtal hineinfahren
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