! Aktualisiert am 1. Dezember 2023
2019 erlebten die Masern in Neuseeland ein Comeback – einige Mediziner sprechen schon von einer Epidemie. Als Eltern solltet ihr also Bescheid wissen, ob und wann ihr eure Kinder gegen Masern impfen müsst, wenn ihr mit ihnen nach Neuseeland reist.
Das Thema Reise-Impfungen ist für Eltern immer aktuell: Braucht man Extra-Impfungen gegen exotische Krankheiten? Bei einer Neuseeland-Reise war das bisher nie ein Problem: Die gängigen, von der StIKo empfohlenen Impfungen (-> hier ist ein Impfkalender der BZgA) genügen.
Seitdem aber die eigentlich fast schon ausgerotteten Masern in Neuseeland grassieren, ist es nicht mehr so einfach. Sind eure Kinder gegen Masern geimpft? Und wenn (noch) nicht, kann und sollte man die Impfung für die Neuseeland-Reise vorziehen? Oder ist das alles Panikmache und eine Masern-Impfung braucht man überhaupt nicht?
Disclaimer: In diesem Beitrag tragen wir öffentlich zugängliche Informationen zum Thema Masern in Neuseeland zusammen und geben Hinweise und Aussagen von Ärzten und Gesundheitsbehörden weiter. Wir sind keine Mediziner und können euch keinen fachlich fundierten Rat geben. Das kann nur euer Kinderarzt/eure Kinderärztin tun.
Wir sind aber davon überzeugt, dass die Masern eine gefährliche Krankheit sind, gegen die man Kinder und sich selbst unbedingt impfen sollte. Eine Diskussion über das Für und Wider von Impfungen im Allgemeinen und gegen Masern im Besonderen möchten wir hier nicht führen.
Update: Am 14.11.2019 hat der deutsche Bundestag eine Masern-Impfpflicht in Deutschland beschlossen. Ab sofort muss jedes Kind ab dem 1. Geburtstag, das in einer Kita oder Tagespflege betreut wird, gegen Masern geimpft sein. Gleiches gilt für Betreuungspersonen und Pflegepersonal in medizinischen und betreuenden Einrichtungen sowie für Asylbewerber und Geflüchtete, die in Gemeinschaftsunterkünften leben.
Auch wenn eure Kinder schon lange in der Kita oder der Schule sind, müsst ihr bis zum 31. Juli 2021 die Impfung nachweisen! Macht ihr das nicht, droht ein Bußgeld von 2.500 Euro. (Quelle: Bundesgesundheitsministerium)
Inhalt
Masern-Epidemie 2019 in Neuseeland: Wie ist die Lage?
2017 verkündete die WHO eine tolle Nachricht: Neuseeland hatte offiziell die Masern ausgerottet. Drei Jahre lang hatte es keine neuen Masern-Fälle in Neuseeland gegeben.
Umso krasser der Rückschlag im Herbst 2019: Immer mehr Fälle von Masern-Ausbrüchen wurden gemeldet, vor allem aus dem Raum Auckland. Bis zum Jahresende hatten sich fast 2.000 Menschen infiziert (Quelle), darunter mindestens 200 Babys unter 12 Monaten.
Damit ist es die schlimmste Masern-Epidemie in der Geschichte Neuseelands seit 1938. Kein Wunder: Geschätzte 15 bis 20 Prozent der jungen Menschen in Neuseeland sind nicht geimpft (genau weiß man es nicht, weil erst seit 2005 die Impfungen landesweit registriert werden). Der Staat hat es schlicht versäumt, in den vergangenen Jahren die Impfrate von 95 Prozent aufrechtzuerhalten, die nötig ist, um eine Krankheit am Ausbrechen zu hindern.
Zwei ungeborene Babys sind bei dem aktuellen Masern-Ausbruch in Neuseeland bereits gestorben. Noch schlimmer: Aus Neuseeland sind die Masern nach Australien und nach Samoa gelangt. Gerade letzteres ist furchtbar, weil auf demselben Weg bereits 1918 die Spanische Grippe auf die Pazifik-Insel gelangte und dort fast ein Fünftel der Bevölkerung tötete. In Samoa wurden schon über 300 neue Masern-Verdachtsfälle und drei Tote gemeldet (Quelle).
Was genau sind Masern?
Masern sind eine ganz normale Kinderkrankheit, die man eben “durchmacht” – sagen die einen. Sie sorgen für Fieber, Husten und Schnupfen, Bindehautentzündung und den typischen roten Ausschlag am ganzen Körper. Nach etwa 14 Tagen hat man die Masern dann überstanden.
Masern sind eine schwere und potenziell tödliche Krankheit, die weltweit die meisten Todesopfer fordert – sagen die anderen. Jede Stunde sterben 15 Menschen an den Masern. Vor allem sind das Kinder.
Masern sind auf jeden Fall eine der ansteckendsten aller Krankheiten – bereits fünf Tage vor dem Ausbruch der erkennbaren Symptome. Ein einziger Erkrankter kann 12 bis 18 andere anstecken. Das Masern-Virus wird über die Luft übertragen, Händewaschen genügt also nicht. (Hier lest ihr alles über die Krankheit.)
Wer die Masern erfolgreich überstanden hat, ist lebenslang immun gegen sie – das ist der große und einzige Vorteil vor einer Impfung. Die wirkt nicht immer hundertprozentig (das tut im Übrigen keine Impfung). Genauer: Eine einmalige Dosis schützt 91 Prozent der Geimpften vor einer Ansteckung, die zweifache Impfung erhöht das auf 92 bis 99 Prozent (sagt das RKI).
Mit einer Masern-Impfung senkt man aber auf jeden Fall die schweren Risiken einer Masern-Erkrankung. Zu denen zählen:
- Komplikationen – in 30 Prozent der Fälle kommt es zu Ohrenentzündungen mit dem Risiko der Ertaubung, schwerem Durchfall, Lungenentzündung und Krampfanfällen.
- Einer von 1.000 Erkrankten bekommt eine Hirnhautentzündung, die bei einem Drittel der Betroffenen zu dauerhaften Schäden führt und bei 10 bis 20 Prozent tödlich endet.
- Seltener, aber furchtbar ist SSPE, das sich erst Jahre nach der Masern-Erkrankung zeigt, aber dann immer tödlich endet. Bei sehr jungen Kindern, die an Masern erkranken, stirbt eines von 1.000 daran!
Die Gefahr, an Masern zu sterben, ist nicht zu verachten. Einer bis zwei von 1.000 Erkrankten sterben im Durchschnitt. In der Gruppe immunschwacher Patienten (zu der gehören Babys, Kranke und alte Menschen) ist die Sterblichkeit noch wesentlich höher.
Masern-Impfung: Ab wann wird sie empfohlen und für wen?
Das Robert-Koch-Institut empfiehlt die Masern-Impfung für Babys zwischen 11 und 14 Monaten, unter Umständen auch schon ab neun Monaten.
Eine zweite Impfung sollte mit 15 bis 23 Monaten erfolgen – sie ist keine Ergänzung, sondern quasi das Backup für diejenigen, bei denen die erste Impfung nicht gewirkt hat (das sind etwa 5 bis 10 Prozent der Geimpften). Nur Sachsen weicht von dieser Empfehlung ab und empfiehlt die erste Impfung ab dem 13. und den Booster ab dem 4. Geburtstag.
Generell sollte jedes Kind und jeder Erwachsene gegen Masern geimpft oder immun sein – vor allem vor einer Reise und ganz besonders vor einer Reise nach Neuseeland. Nur so verhindert ihr a) eine Erkrankung im Urlaub und b) die Weitergabe der Masern an anderen Menschen.
Das heißt für euch: JEDER sollte seinen Masern-Impfstatus checken. Ihr braucht zwei Impfungen, damit ihr gegen Masern geschützt seid. Das RKI empfiehlt allen Erwachsenen, die nur eine Impfdosis bekommen haben oder sich nicht erinnern können, sicherheitshalber eine (weitere) Impfung. Auch Mütter, die noch stillen, können sich gegen Masern impfen lassen.
Spätestens zwei Wochen vor Reiseantritt solltet ihr diese fehlenden Impfungen nachholen – lieber eher, denn von 5 bis 15 Prozent der Kinder wird die MMR-Impfung nicht gut vertragen (sie bekommen dann eine abgeschwächte Form der Masern, die sogenannten Impfmasern).
Reicht für Babys nicht der Nestschutz gegen Masern in Neuseeland?
Babys sind besonders gefährdet, wenn sie an Masern erkranken. Die Natur hat deshalb dafür gesorgt, dass sie besonders geschützt sind. Ist die Mutter gegen Masern immun, überträgt sie ihre Antikörper über die Plazenta und später die Muttermilch auf ihr Baby. So schützt sie es einige Monate lang vor einer Ansteckung – allerdings nur in Grenzen.
Der Nestschutz ist nicht so wirksam wie eine Impfung! Vor allem, weil die meisten Mütter selbst “nur” geimpft und nicht durch eine überstandene Masern-Erkrankung immun sind. Damit haben sie weniger Antikörper zum Übertragen. Und auch, weil die allermeisten deutschen Mütter ihre Babys nicht länger als sechs Monate lang voll stillen.
Der beste Schutz für ein Baby ist, wenn es vor dem Alter von neun Monaten gar nicht erst mit den Masern-Erregern in Berührung kommt. Und das geht am besten, wenn seine Familienangehörigen, Krabbelgruppen-Kumpels und Betreuungspersonen gegen Masern geimpft sind. Punkt.
Masern in Neuseeland: Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko für Touristen?
Genauso wie zu Hause könnt ihr euch auch in Neuseeland an vielen Orten mit Masern anstecken – denn sie sind extrem ansteckend und werden durch Niesen oder Husten über die Luft übertragen. Dazu kommt, dass Erkrankte schon dann ansteckend sind, wenn sie sich noch gar nicht krank fühlen.
Das geht schon im Flugzeug los, wo viele Menschen stundenlang auf engstem Raum zusammen sind. (Ein bestätigter Fall von Masern-Übertragung passierte auf dem Air New Zealand Flug von Auckland nach Sydney.) Auch am Flughafen, in Hotels, auf Spielplätzen oder im Menschengedränge in touristischen Attraktionen wie Museen ist das Risiko einer Ansteckung mit Masern sehr hoch.
Das neuseeländische Gesundheitsministerium empfiehlt offiziell allen Eltern von Kindern zwischen 6 und 11 Monaten, die in die Region (nicht nur in die Stadt!) Auckland reisen, sich spätestens zwei Wochen vor der Abreise mit dem Kinderarzt/der Kinderärztin abzusprechen (Quelle).
Kinder unter 5 Jahren sollten nach offizieller Empfehlung nur geimpft in Gebiete reisen, wo Masern gemeldet wurden. Gebiete in Neuseeland mit aktuellen Masern-Ausbrüchen sind:
- Auckland und das Umland, vor allem der Süden
- Waikato
- Taranaki
- Canterbury und Christchurch
- Queenstown
Viel bleibt da nicht übrig, hm?
Reicht es, erst in Neuseeland gegen Masern zu impfen?
Euer Baby ist bei eurer Abreise erst wenige Monate alt und ihr wollt es so spät wie möglich mit einer Impfung belasten. Das ist verständlich, zumal Masern ja nur in Kombination mit Röteln und Mumps geimpft werden können.
Einer der Gründe für die Masern-Epidemie in Neuseeland waren die zeitweise nicht ausreichenden Vorräte an Impfstoff. Um die Masern-Impfungen in der Bevölkerung nachzuholen und mit den vielen neuen Erkrankungen umzugehen, wurden Notfallzentren eingerichtet, in denen es nach Augenzeugenberichten teilweise chaotisch zugeht.
Findet ihr, das klingt nach guten Bedingungen, sich während einer aufregenden, anstrengenden Reise eine Masern-Impfung abzuholen? Immer mit dem Risiko im Hintergrund, dass euer Baby die Impfung nicht ganz so gut verträgt und erstmal ein paar Tage fiebert und kränklich ist? Diese “Impfmasern” sind zwar nicht ansteckend, treten aber bei 5 bis 15 Prozent der Geimpften auf.
Also: Wenn euer Baby vor der Reise schon über 9 Monate alt ist, lasst es lieber zu Hause impfen.
Hat euer Baby die erste Masern-Impfung schon und braucht die zweite, während ihr in Neuseeland seid? Prinzipiell ist das möglich; inzwischen ist wieder genug MMR-Impfstoff in Neuseeland vorrätig. Prüft aber vorher, ob eure Auslandsreise-Krankenversicherung diese Regelimpfung auch übernimmt!
Achtung: In Neuseeland wird die erste Masern-Impfung mit 12 Monaten, die zweite erst mit 4 Jahren empfohlen. Stellt euch also auf Diskussionen ein oder bringt einen Brief eures Kinderarztes mit seiner Impf-Empfehlung mit!
Mit ungeimpften Kindern nach Neuseeland reisen?
Ist euer Baby weniger als neun Monate alt, wird es zwangsläufig ungeimpft nach Neuseeland reisen müssen (oder ihr verschiebt die Reise, was ihr angesichts der dargestellten Gefahren durchaus gemeinsam mit eurer Kinderärztin diskutieren solltet!).
Wer seine Kinder bewusst gar nicht gegen Masern impft, der handelt nach unserer Meinung grob fahrlässig. Wer aktuell mit ungeimpften Kindern nach Neuseeland reist, der riskiert nicht nur eine Masern-Erkrankung im Urlaub – also mindestens 14 Tage richtiges Kranksein, mit dem erheblichen Risiko schwerer Komplikationen (siehe oben).
Ungeimpfte Kinder bedeuten auch ein erhebliches Übertragungsrisiko für andere ungeimpfte Kinder – vor allem für solche, die noch zu jung für eine Impfung sind. Eine rein persönliche Entscheidung wird so zum tödlichen Risiko für andere Menschen. Klingt das für euch fair?
Impf-Angst und Impfkritik: unsere Meinung dazu
Vielleicht habt ihr Bücher gelesen, YouTube-Videos gesehen oder mit anderen Eltern gesprochen, die euch misstrauisch gemacht haben gegen den Sinn einer Masern-Impfung (oder allgemein gegen Impfungen). Da seid ihr in bester Gesellschaft: Impf-Angst gilt aktuell als eines der weltweit größten Gesundheitsrisiken, gleichauf mit Ebola, Grippe und Klimawandel (!).
Impfungen verhindern jedes Jahr zwei bis drei Millionen Todesfälle. Wie viele Todesfälle gibt es jedes Jahr durch Impfungen? Und sind die Zahlen, die ihr da gefunden habt, tatsächlich bestätigt? Mehrere Millionen Babys und immunschwache Menschen können sich gar nicht entscheiden, ob sie sich impfen lassen wollen oder nicht. Sie sind auf den Herdenschutz angewiesen – und der ist erst dann gegeben, wenn mehr als 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sind.
Ach ja: Das immer wieder genannte Argument, Impfungen würden Autismus auslösen, basiert auf einer seit 2010 widerlegten, durch ein einziges (gefälschtes) Studienergebnis entstandenen Verschwörungstheorie (Quelle, Quelle -> scrollen bis “Autismus-Behauptung und MMR-Impfung”). Seitdem haben mehrere Untersuchungen keinen Zusammenhang zwischen Masern-Impfungen und Autismus finden können.
Ihr seid immer noch nicht sicher, ob ihr eure Kids impfen lassen sollt? Seht es mal so: Ihr traut eurem Kinderarzt zu, euer krankes Kind richtig zu behandeln. Ihr vertraut ihm (oder ihr), in Notfällen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ihr gebt eurem Kind die Medikamente, die eure Kinderärztin verordnet hat. Dann könnt ihr ihm doch auch die Impfungen geben, die euer Kinderarzt euch empfiehlt.
MedizinerInnen beschäftigen sich den ganzen Tag mit den Risiken und Nebenwirkungen von Medikamenten und Impfungen. Sie haben das jahrelang studiert und bilden sich ständig fort. Sicher, dass ihr die umfassende Datenlage zu Impfungen nach dem Lesen eines Buches, ein paar Videos oder der Meinung eurer Nachbarin besser einschätzen könnt?
Und jetzt nochmal der Hinweis zum Disclaimer ganz oben: Dieser Beitrag soll reisende Eltern über das Risiko von Masern in Neuseeland aufklären. Er ist keine Einladung zur Propagierung von Impfkritik. Wir moderieren die Kommentare hier sehr sorgfältig!
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Hallo Jenny,
sehr schöner ausgewogener Artikel, den ich sehr gerne gelesen habe. Kann dir nur zustimmen, dass es wichtig ist, seine Kinder entsprechend impfen zu lassen. Wir haben unter anderem aus diesem Grund die ersten zwei, drei Jahre keine Fernreisen gemacht, da wir sichergehen wollten, dass das Immunsystem der Kinder (durch entsprechende Impfung und Reifung) gewappnet ist für eventuelle Infektionen. Passieren kann natürlich immer etwas, aber bestimmte Risiken kann man zumindest minimieren.
LG
Hartmut