Eure Neuseeland Reiseberichte

Neuseeland mit Fahrrad und Kind – ein Erfahrungsbericht

Kann man Neuseeland mit Fahrrad und Kind bereisen? Was sich nicht viele zutrauen (und/oder wahnsinnig gefährlich finden), haben Joachim und Melanie mit ihrer 11 Monate alten Tochter gemacht: Bikepacking mit Kind!

Neuseeland mit Fahrrad und Kind

Neuseeland mit Fahrrad und Kind: yay, sagen Melanie und Joachim! Hier am Strand von Dunedin © Joachim Rosenlund

Stellen wir erst einmal das Bikepacking-Team vor:

Wir sind Alva, damals 11 Monate alt, Melanie und Joachim. Melanie kommt aus Süddeutschland, Joachim aus Norwegen und zurzeit wohnen alle in Berlin.

Melanie und Joachim sind, bevor Alva auf die Welt kam, beide sehr viel gereist und haben sich sogar in Indien kennengelernt. Als Alva zur Welt kam und wir Eltern beide die Möglichkeit hatten, eine längere Elternzeit zu nehmen, beschlossen wir, eine längere Radreise durch Neuseeland zu machen.

Das Thema Fahrrad wird bei uns wirklich groß geschrieben. Wir haben insgesamt 9 Fahrräder und Teile für 3 weitere. Fahrradfahren gehört für uns zum Alltag: fürs Pendeln, um unsere Tochter zur Kita bzw. Schule zu bringen, für den Wocheneinkauf oder Ausflüge am Wochenende. Joachim ist Teamfahrer für einen kleinen Fahrradhersteller aus Köln und fährt self-supported Long-distance-Rennen.

Und jetzt geht es los nach Neuseeland!

Neuseeland mit Fahrrad und Kind

Zum Bikepacking in Neuseeland braucht es gute Ausrüstung  © Joachim Rosenlund

Wie plant man eine Radreise nach Neuseeland?

Eigentlich waren wir recht spontan: Zwei Monate vorher haben wir die Flüge gebucht, dann Streckenteile und Ziele ausgesucht, Kartenmaterial studiert usw. Das machen wir vor jeder längeren Radreise.

Wir fahren hauptsächlich Trails und Schotterwege, da ist Recherche doppelt wichtig, weil man sehr abseits unterwegs ist und vorher wissen muss, wie die Strecke ist, wo es Einkaufs- und Campingmöglichkeiten gibt etc.

Wir haben nur den Flug gebucht, alles Weitere haben wir völlig offen gelassen. Wir haben hauptsächlich in unserem Zelt geschlafen, da brauchte es keine Vorabbuchung. Und an den Tagen, an denen wir andere Unterkünfte haben wollten, haben wir spontan geschaut und immer etwas gefunden.

Welche Fahrräder braucht man für so eine Reise?

Wir hatten unseren eigenen Fahrräder dabei. Wenn man längere Strecken fährt oder sehr lange mit Rädern unterwegs ist, ist das aus meiner Sicht spielentscheidend. Da muss alles passen und man muss sich auf das Rad verlassen können.

Wir sind mit einer Fluggesellschaft aus den Arabischen Emiraten geflogen, bei der Gepäck rein nach (großzügigem) Gewicht und nicht nach Größe berechnet wird/wurde. So konnten wir unsere beiden Räder als reguläres Gepäck (gut verpackt im Karton) mitnehmen.

Neuseeland mit Fahrrad und Kind

Unterkünfte findet man beim Biketracking „off the beaten track“ überall: hier die Greta Lodge am Lake Ohau © Joachim Rosenlund

Wie transportiert man kleine Kinder am besten auf dem Fahrrad?

Alva war 11 Monate alt, als wir gestartet sind. Das war eine gewisse Herausforderung, denn Kinder in diesem Alter sollten nicht zu lange sitzen.

Wir haben einen Yepp mini vorn an Joachim Rad montiert – darin hat Alva ungefähr zweimal am Tag für je 45 Minuten gesessen. Damit kommt man aber auf dem Rad nicht weit. Daher saß Alva während ihrer Schlafpausen (zweimal ungefähr 1,5 Stunden) in einer Trage auf Joachims Rücken. So konnten wir fahren, während sie geschlafen hat, was ein großer Zugewinn war.

Ein Anhänger kam für uns unter anderem aufgrund unseres Streckenprofils nicht in Frage.

Neuseeland mit Fahrrad und Kind

Der Alva-Trick: fahren, während das Baby schläft! © Joachim Rosenlund

Neuseeland mit Fahrrad und Kind

Alvas Fahrradsitz beim Bikepacking © Joachim Rosenlund

Wie lang sind die Tagesetappen mit Kind?

Wir haben unsere Radtour relativ stark an Alvas Bedürfnisse angepasst und sind fast immer ihrem Rhythmus gefolgt. Es gab den einen oder anderen Tag, an dem wir weiter fahren mussten, als sie vielleicht gewollt hat, weil wir schlichtweg zum nächsten Versorgungspunkt mussten. Aber in diesen Situationen war sie in der Trage auf Joachims Rücken doch relativ zufrieden.

Zu Beginn waren unsere Tagesetappen echt kurz, bis wir herausgefunden haben, wie wir den Tag am besten gestalten und die besten Zeiten zum Fahren nutzen. Trotzdem ist man auf dem Fahrrad mit Kindern eher langsam unterwegs und schafft kürzere Distanzen. Dafür erlebt man aber viele kleine Dinge, die man sonst nicht gesehen hätte.

Neuseeland mit Fahrrad und Kind

Mit Kind ist man beim Biketracking nicht so schnell unterwegs (irgendwo hinter Twizel) © Joachim Rosenlund

Mit dem Rad hat man limitierte Kapazitäten, was z. B. den Transport von Essen angeht, und Neuseeland ist ja eher weitläufig. Wir haben immer versucht, eine Balance zu finden zwischen der Fahrzeit, die für unsere Tochter okay war, und der Notwendigkeit, in die Zivilisation zu kommen; zum Einkaufen oder zur nächsten Campingmöglichkeit.

Neuseeland mit Fahrrad und Kind komplett bereisen: Geht das?

Das geht, vor allem ohne Kind. Bei Radreisen mit Kind muss einem klar sein, dass man in einer überschaubaren Zeit meist nicht das ganze Land bereisen und vor allem nicht jeden Tag ein Sightseeing-Highlight abhaken kann.

Man taucht ein in einen Abschnitt des Landes und erfreut sich an den Outdoor-Erlebnissen, die diese Art des Reisens mit sich bringt.

Wir sind meist abseits der asphaltierten Straßen gefahren, haben uns Gravel Roads, Backroads und z. T. die ausgeschilderten staatlichen Radwege (Cycle Trails) gesucht und unsere eigene Route gebaut.

Neuseeland mit Fahrrad und Kind

Der letzte Aufstieg am Danseys Pass © Joachim Rosenlund

Zwei bis drei Etappen haben wir per Bus überbrückt, denn einige Straßen würde ich selbst ungern fahren und mit Kind schon gar nicht, weil die Straßen zu schmal und unübersichtlich sind und es zu viel Verkehr gibt.

Welche Route seid ihr mit dem Fahrrad durch Neuseeland gefahren?

Wir sind in Christchurch gestartet und über Hanmer Springs nach Blenheim, dann zurück zum Lake Tekapo und Mount Cook, über Twizel nach Birchwood, Omarama und Duntroon. Über den Danseys Pass ging es nach Naseby, Middlemarch und schließlich bis Dunedin.

Nach zwei Monaten mit dem Fahrrad in Neuseeland ist es schwer zu sagen, welcher Abschnitt am schönsten war. Die Strecke von Duntroon über Danseys Pass bis Naseby und die Rainbow Road nördlich von Hanmer Springs waren schon etwas besonderes. Allein, weil die Strecken so gut wie autofrei sind, man auf Schotter fährt und gefühlt sehr weit weg von der Zivilisation ist. Und natürlich ist man umgeben von grandiosen Landschaften!

Am herausforderndsten war der Danseys Pass: Der Anstieg zog sich, das Wetter wurde schlechter und es war schon dunkel, als wir den Pass, aber noch keine Unterkunftsmöglichkeit erreicht hatten.

Generell waren wir während der ersten zwei Tage oft frustriert, denn es hat gedauert, bis wir verstanden haben, dass wir am weitesten fahren können, während Alva schläft. Mit 1,5 Stunden Fahrt am Tag kommt man sonst nicht weit.

Wie „fahrradfreundlich“ sind die Neuseeländer?

An sich sind die Kiwis ähnlich nett wie die Deutschen. Allerdings fahren die Neuseeländer nicht wirklich streckenangepasst und sehr schnell. Sehr konträr dazu, wie sie sich ohne Fahrzeug geben. ;-)

Gefährliche Situationen hatten wir keine. Für ein 3 km langes Stück mussten wir auf einer viel befahrenen Straße fahren – dort kam es zu einigen sehr unangenehmen Situationen. Die Neuseeländer fahren nicht besonders rücksichtsvoll und Touristen sind oft überfordert mit dem Linksverkehr und der Breite ihrer Wohnmobile. Da gab es sehr enge Überholmanöver und wir waren froh, als wir wieder auf den Schotterstraßen waren.

Was macht man bei einer Fahrradreise mit Kind, wenn es regnet?

Regen ist nur Wasser. Wir sind gut ausgestattet und haben kein Problem mit Regen. Wir fahren trotzdem oder verbringen den Tag vor Ort irgendwo draußen. Regenklamotten an und ab in die Pfütze!

Mehr Probleme hat uns auf unserer Fahrradreise die Sonne gemacht. Die knallte an sehr sonnigen Tagen so stark, dass wir öfters über Mittag eine lange Pause im Schatten einlegen mussten.

Neuseeland mit Fahrrad und Kind

An der Lake Tennyson Campsite © Joachim Rosenlund

Wie stehen die Kiwis zu Radreisen mit Kind?

Wir haben wenige andere Radreisende in Neuseeland getroffen. Das kann aber auch daran liegen, dass wir hauptsächlich auf Schotterstraßen unterwegs waren und versucht haben, so viel Zeit wie möglich im „Outback“ zu verbringen. Einige, die wir kennengelernt haben, waren länger allein mit dem Rad unterwegs, und das eher auf den Hauptstraßen.

Die Locals waren alle begeistert von unserer Fahrradreise. Sogar so begeistert, dass wir häufiger zu ihnen nach Hause eingeladen wurden bzw. in ihre Ferienhäuser, um dort Zeit zu verbringen. Die Neuseeländer sind ja Outdoor-begeistert und das Radreisen mit Kind war immer ein Türöffner!

Neuseeland mit Fahrrad und Kind

Neuseeland mit Fahrrad und Kind – easy! © Joachim Rosenlund

Ein eigenes Thema beim Radreisen ist die Müllentsorgung; vor allem mit Kleinkind und vollen Windeln war das für uns nervig. Wir haben immer Locals gefunden, die gern bereit waren, unseren Müll zu transportieren. Touristen haben nur komisch geschaut, wenn wir gefragt haben.

Würdet ihr Neuseeland mit Fahrrad und Kind noch einmal so bereisen?

Neuseeland ist ein tolles Ziel für eine Reise mit Fahrrad und Kind –  aber nur, wenn man hauptsächlich Schotterstraßen und Trails fahren will. Von einem Fahrradurlaub in Neuseeland auf asphaltierten Straßen würde ich abraten, wegen des Verkehrs und der Fahrweise der Kiwis – da wird man gern mal angehupt, eng oder schnell überholt.

Wir bedanken uns für den tollen Erfahrungsbericht über diese Fahrradtour mit Kind durch Neuseeland! Wenn ihr Fragen an Joachim habt, stellt sie gern in den Kommentaren – oder besucht ihn auf seinem Instagram-Account @odinavatar

Jenny

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