! Aktualisiert am 21. Juni 2020
Er scheint endlich vorbei zu sein, dieser krasse Sommer 2019. Und weil er so lang war und so schön, gibt es den Rückblick auf die vergangenen zwei Monate und die Neuseeland-News erst Mitte September. Aber immerhin!
Ich hatte es mir fest vorgenommen, und deshalb kommt er auch jetzt wieder zu euch, obwohl ich bis zum Hals in zwei Buchprojekten stecke: der Neuseeland-Monatsrückblick.
Weil der Sommer in Deutschland Ferien und Reisezeit bedeutet, und weil er in Neuseeland klassische Saure-Gurken-Zeit ohne interessante Vorkommnisse für Reisende bedeutet, erlaube ich mir wenigstens, die beiden Monate Juli und August in einem gemeinsamen Beitrag zusammenzufassen – in Ordnung für euch?
Was war bei uns Weltwunderern los im Sommer 2019?
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich bin in diesem Sommer extrem zweigleisig gefahren. Auf der einen Seite: Ferien!
Allein mit meinen Kids (und meiner besten Freundin und deren Mädels) war ich für eine Woche an der wunderschönen Ostsee, auf der Insel Usedom – einfach abhängen, ein bisschen radeln, Minigolf spielen (mein erstes Mal!) und zum Sonnenuntergang Frisbees im Meer versenken. Duh.
Vielleicht blogge ich nochmal darüber, warum mir Usedom nicht ganz so gut gefällt wie Rügen und der Darß – bis dahin könnt ihr bei Rike nachlesen, was man auf Usedom so alles erleben kann.
In trauter Familie fuhren wir anschließend alle fünf nach Schweden – zum mittlerweile dritten Mal, aber das erste Mal richtig ausführlich für drei Wochen. Wie toll der Sommer in Schweden war, könnt ihr ausführlich in diesem Beitrag über die Stockholmer Schären und in dieser Schwelgerei über Hälsingland nachlesen.
Auch das war herrlich – entspannend, idyllisch, zurück zur Natur, Zeit für mich selbst, Zeit für die Familie.
Dann ging die Schule wieder los, und für mich ging es ein drittes Mal nach Norden: Ende August schaute ich mir Kopenhagen genauer an, an einem langen Mädels-ohne-Kinder-Wochenende. Was für eine schöne, moderne, saubere, fahrradfreundliche Stadt!
Aber parallel zu all diesen schönen Eindrücken lief bei mir immer eine zweite Tonspur mit: Wie lange werde ich diese schönen Orte noch genießen können? Werden meine Kinder später noch so reisen können wie heute? Ist es überhaupt in Ordnung, dass wir gerade Urlaub machen und dabei CO2 verbrauchen? Sollten wir nicht lieber ganz andere Dinge tun, politisch aktiv werden, demonstrieren, protestieren?
Ich habe Angst. Und diese Angst vor dem Klimakollaps, vor der Zukunft, verlässt mich keine Minute mehr. Dieser Text von den Krautreportern hat mir sehr geholfen gegen das flaue Gefühl in der Magengrube – aber ganz hinten sitzt die Angst, die Hilflosigkeit, die schiere Überforderung weiterhin fest.
Nicht zuletzt angesichts eines Wahlergebnisses bei der Landtagswahl in Sachsen, das mich einerseits enttäuscht hat und das ich andererseits eigentlich noch schlimmer erwartet hatte. Grüne Politik in Sachsen? Wollen offenbar nur wenige. “Autofreundliches Dresden”, damit hat die AfD hier geworben. Und beängstigend viele Stimmen bekommen. Manchmal scheint es mir, als wären wir die einzige Familie, die es schafft, ohne Auto zu leben – lächerlich, oder?
Hoffnung in der Klimakrise?
Ich fürchte, ich lebe in einer Filterblase: So viele schlechte Nachrichten zum Klimawandel prasseln jeden Tag auf mich ein, dass ich jedes Mal baff bin, wenn ich jemanden treffe, der von dem Thema so gar keine Ahnung hat. Wo leben diese Menschen??
Ja, es gibt auch gute Nachrichten. Sogar recht viele, wenn man sie zusammenzählt. Und es gibt auch tolle Projekte, die viel gegen die Erderwärmung usw. tun – angefangen bei “Plant for the Planet” und Ecosia, aber auch tausende kleinere Graswurzel-Projekte, clevere Start-ups und Initiativen setzen jeden Tag so viele wichtige Impulse. Kleinvieh macht wirklich viel Mist.
Aber ist es genug? Da muss ich nur abends eine Talkshow-Runde anschauen und könnte direkt ins Sofakissen beißen vor Frust.
Ich habe nicht mehr allzu viel Hoffnung, dass die Menschheit die Klimakrise rechtzeitig aufhalten kann. Was nicht heißt, dass ich nicht weiterhin dafür kämpfen werde. Denn auch wenn wir die 1,5 °C nicht schaffen, für die sich die Staaten der Welt eigentlich schon 2015 verpflichtet haben – dann schaffen wir es vielleicht wenigstens, unter 1,8 °C zu bleiben. Oder unter 2,1 °C. Alles ist besser als die Erwärmung um 4 °C und mehr, die uns droht, wenn alles so weitergeht wie bisher.
Also heißt es weiterhin: Jeder kleine Beitrag zum Klimaschutz zählt. Auch wenn wir weiterhin (Teil-)Auto fahren, (weniger) fliegen, (weniger) Fleisch essen und (ähm) Kinder bekommen.
Niemand von uns kann und wird sein Leben in Eigeninitiative komplett umstellen und CO2-neutral leben können. Das geht gar nicht, behaupte ich mal.
Viel effektiver wäre es doch aber, wenn stattdessen alle 80 Millionen Deutschen kein Rindfleisch aus Massentierhaltung mehr kaufen – oder wenigstens ein Steak weniger pro Woche essen! Wenn jeder einmal pro Woche auf das Auto verzichtet und stattdessen mit dem Rad fährt.
Dann kann auch dieses hässliche Vergleichen und das Bashing von anderen aufhören – “Du bist letztes Jahr geflogen, du darfst mir gar nichts über Klimaschutz erzählen!” “Ich würde gern mit Fridays for Future demonstrieren, aber das darf ich ja gar nicht, weil ich noch Fleisch esse.” (Was ich von der Diskussion um den CO2-Ausstoß der Atlantiküberquerung von Greta Thunberg halte, muss ich gar nicht sagen, oder? Mein liebster Blogbeitrag dazu ist dieser hier.)
Und am besten wäre es halt, wenn die Regierungen der Länder und der Europäischen Union umgehend die richtigen Gesetze verabschieden würden. Damit Autos nicht mehr das Nonplusultra der Fortbewegung sind. Damit Großkonzerne nicht mehr Profit vor Nachhaltigkeit stellen können. Damit Wirtschaftswachstum und Arbeit kein Selbstzweck sind. Damit CO2-Ausstoß unattraktiv wird und umweltfreundliches Verhalten nichts mehr für “linksgrünversiffte Spinner” ist, sondern normal. Damit… ach, lassen wir das Träumen.
Monatsrückblick: Neuseeland-News im Sommer/Winter 2019
Die Saure-Gurken-Zeit hatte ich ja schon erwähnt: Kein Mensch in Europa interessiert sich für Neuseeland im Winter (also unserem Sommer), denn dann reist einfach niemand durch Neuseeland. Überraschend war aber, dass im ganzen vergangenen Jahr deutlich weniger Touristen nach Neuseeland gekommen sind als in den Boom-Jahren zuvor.
Ende Juli veröffentlichte Tourism New Zealand die aktuellen Besucherzahlen mit Stirnrunzeln – vor allem die Chinesen bleiben weg! Liegt es am Streit mit der chinesischen Regierung wegen Huawei oder an der Einführung der neuen Besuchergebühr IVL ab Juli? Oder gar am Verlust des Weltrekord-Titels der steilsten Straße der Welt? Die liegt ab sofort nicht mehr in Dunedin, sondern in einem unaussprechlichen Dorf in Wales.
Ich persönlich würde mich ja freuen, wenn es in Neuseeland in Zukunft etwas weniger rummelig wäre. Ankündigungen wie die des Hobbiton Movie Set deuten allerdings nicht darauf hin: Die Mega-Touristenattraktion im ländlichen Matamata hat das Okay von der Gemeinde bekommen, ab sofort deutlich mehr Besucher auf ihrem Gelände empfangen zu dürfen. Wir sprechen hier von einer Million statt wie bisher 300.000 pro Jahr… uff.
Da kann ich nur sagen: Schnell noch hinfahren, bevor das wunderschöne Filmset seinen Charme verlieren wird!
Eine gute Nachricht habe ich ganz zum Schluss noch für euch: Die globale Erwärmung sorgt offenbar dafür, dass nicht nur Seeleoparden aus der Antarktis, sondern auch Blauwale häufiger an Neuseelands Küsten Station machen. Sie werden immer öfter bei Whale-watching-Touren im Hauraki Gulf vor Auckland gesichtet und man nimmt an, dass sie hier dauerhaft bleiben wollen. Uiuiui, einen Blauwal zu sehen, das wäre toll!!
Das war es schon mit unseren Neuseeland-News und dem Weltwunderer-Update. Der nächste Blog-Rückblick wird spannender, versprochen – die Neuseeland-Reisezeit läuft langsam wieder an, der Frühling in Neuseeland beginnt!
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Liebe Jenny,
für uns Reiseblogger ist der Spagat besonders schwer: Wir sind das ja nicht von ungefähr – sondern weil es uns in die Welt hinauszieht. Und zwar meist in die ganze Welt, nicht nur mit dem Nachtzug nach Lissabon …
Ich habe meine CO2-Bilanz errechnet, und ja: Mobilität ist das Thema, bei dem ich am meisten verbrauche.
Es ist aber auch manchmal vertrackt! Wir leben ja zum Beispiel ganz auf dem Land, hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen ……. weil wir Natur genießen wollen, weil wir selbst Gemüse anbauen, weil wir Obst von unserer Streuobstwiese einwecken, weil wir Blumenwiesen für die Bienen des Nachbarn anlegen wollen. Auf der anderen Seite sind wir so weit außerhalb gelandet, dass für einen Großteil der Fahrten wieder das Auto nötig ist.
Aufs Autofahren kann ich nicht verzichten – aufs Reisen will ich es nicht (zumindest jetzt noch nicht). Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich das handhabe und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich erstmal an anderen Ecken anfange. Es gibt so viele Betätigungsfelder, wie Du ja selbst schreibst: Fleischkonsum, Müllvermeidung, einfach mal weniger KAUFEN … Und dann haben wir als Eltern ja noch die ganz wichtige Aufgabe, unseren Kindern überhaupt erst einmal zu erklären, was da draußen los ist, ihr Bewusstsein zu wecken, ihnen Wege aufzuzeigen wie unsere Bienenglück-Wiese.
Ob das reicht? Ich kann es Dir nicht sagen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass man mit Dogmatismus und Radikalismus selten Produktives erreicht. Die Menschen müssen ihre Entscheidungen am Ende allein treffen – und wenn es zu viele falsche waren, den Untergang in Kauf nehmen. Das Thema nimmt – in unserem Kulturkreis – immer mehr Raum ein, muss es auch! Ich hoffe, dass die Welle sich weiter ausbreitet …
Liebe Grüße!
Ines-Bianca
Ach, wie gut ich deine Gedanken verstehe! Über das Wahlergebnis möchte ich gar nicht nachdenken, schon merkwürdig und unverständlich, wie so manche (viele) Leute hier ticken. Und es ist so ermüdend, immer und immer wieder dagegen zu argumentieren, ob es Klima ist oder die rechte Gesinnung, nicht nur in der sozialen Medienwelt sondern auch hier ganz real. Rate mal, welche Gesinnung die meisten unserer Nachbarn haben, eben tiefstes Dunkeldeutschland hier.
Aber es gibt auch viele andere und die tun einem gut! Und nein, aufgeben ist nicht! Das sind wir unseren Kindern und nun ja auch unserer Enkeln schuldig!
LG Ina
Ich staune ja immer wieder, dass ihr euch Görlitz als Wohnort ausgesucht habt – das war ja quasi mit Ansage ;-) Kommt doch auf unsere Heile-Welt-Insel in die Dresdner Neustadt, hier kann man mit zugekniffenen Augen ein bisschen so tun, als wäre alles in Ordnung…
Liebe Grüße in den (trotzdem schönen!!) Osten,
Jenny