Nachhaltig reisen

Nachtzug mit Kindern: alles, was ihr wissen müsst

Eine Fahrt im Nachtzug mit Kindern ist nicht nur ein ganz besonderer Urlaubsbeginn – es ist ein Klimaschutz-Statement, eine Slow-Travel-Liebeserklärung und überhaupt ein echtes Abenteuer. Wie man mit Kindern Nachtzug fährt, wohin man fahren kann und was man dabei beachten muss, haben wir in diesem Ratgeber gesammelt – inklusive Packliste!

Nachtzug mit Kindern

Mit dem Nachtzug nach… Budapest!

Offenlegung: Dieser Beitrag enthält einen bezahlten Link zum Portal Omio.com, wo ihr Bahn-, Bus- und Fährtickets an einem Ort buchen könnt.

Oft beginnen unsere Reisen so: Wir stehen um 3:30 Uhr auf, steigen um 4 Uhr ins Auto und fahren 1,5 Stunden nach Berlin, um dort den Flieger zu erwischen, auf den wir aber erst einmal 2 Stunden vor dem Abflug warten dürfen. Oft an einem Gate, wo es bestenfalls ein überteuertes Sandwich gibt. Dann hebt er ab und in Nullkommanix sind wir da – allerdings gern mit Verspätung. Verschlafen, zerknittert und genervt landen wir am Flughafen in unserem Reiseland.

Von dort heißt es dann, mit dem Mietauto (zusätzlicher Zeitaufwand für die Übernahme) oder dem Zug zu unserem Ferienort zu gelangen. Dort fallen wir dann wahlweise völlig fertig ins Bett oder schleppen uns noch zum Supermarkt, weil die Kids von dem Flugzeugfraß natürlich nicht satt geworden sind und am Morgen noch keinen Hunger hatten. Obwohl der Flug selbst nur recht kurz war, geht für die Anreise oft trotzdem ein ganzer Tag drauf.

Einige Male sind wir sogar schon am Tag vorher zum Flughafen gefahren und haben dort in einem Budget-Hotel übernachtet (auch nicht so geil), damit wir wenigstens den Flug ausgeschlafen starten konnten – oder wir haben (früher, ohne Kinder) einfach die Nacht durchgemacht.

Wie blöd sind wir eigentlich, dass wir uns dann noch vormachen, Fliegen wäre bequem und würde Zeit sparen??

Weltwunderer Vietnam mit Kindern Reunification Railway Train Zug

Mit dem Zug von Da Nang nach Hanoi: stilvoll, bequem und familienfreundlich

Diese 5 Vorteile hat Reisen im Nachtzug mit Kindern (und ohne)

Wir haben den Nachtzug als ideales Transportmittel für uns entdeckt. Auch wenn er natürlich nicht immer als Alternative zum Flugzeug oder Auto taugt – zumindest auf einigen Strecken und für einige Zwecke eignet er sich hervorragend als bequeme, preiswerte (!), familienfreundliche, klimaschonende und ziemlich romantische Fortbewegungsart.

Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, mit dem Nachtzug zu fahren? Anders als Filmtitel wie „Nachtzug nach Lissabon“ nahelegen, gibt es heute leider kaum noch Nachtzüge in Europa. Früher war das anders (danke, Deutsche Bahn…) und in Ländern wie Vietnam oder Thailand sind Nachtzüge tolle Alternativen zu Inlandsflügen – haben wir selbst ausprobiert.

Da nun aber der Nachtzug in Europa ein Comeback erlebt und immer mehr neue Strecken angeboten werden, ist eine Reise per Nachtzug kein exotisches Vergnügen für Bahn-Freaks mehr, sondern durchaus zu überdenken – vor allem für Familien.

-> Ina und ihre Familie sind mit dem Nachtzug durch ganz Europa gereist, und sogar mit der Transsib!

Zugfahren in Vietnam mit Kindern

Zugfahren in Vietnam mit Kindern: macht Spaß!

Fahren und schlafen gleichzeitig

Ähnlich wie ein Camper kombiniert der Nachtzug Fortbewegungsmittel und Unterkunft. Das ist super, weil man a) Zeit spart und b) auch Geld. Vor allem, wenn man mit mehr als zwei Kindern unterwegs ist: Da wird es im Hotel nämlich oft kompliziert, weil nicht genug Betten im Zimmer sind. Im Sechser-Abteil ist immer genug Platz (und das kostet immer gleich viel, egal wie viele Betten man darin belegt).

Außerdem ist es fantastisch zu spüren, wie im Schlaf die Entfernung zum Urlaubsziel immer kürzer wird. Morgens kommt man ausgeruht an, da man tatsächlich im Liegen schlafen konnte und nicht wie in der Economy Class zusammengekrümpelt vor sich hin dämmern musste.

Bahnhof ist zentraler als Flughafen

Die meisten Flughäfen liegen am Stadtrand oder gar zig Kilometer von der nächsten Stadt entfernt – kein Wunder, der Krach von Flugzeugen ist furchtbar. Das heißt, zum und vom Flughafen fällt immer noch ein gutes Stück Fahrt an, das die wenigsten einkalkulieren. Im Berufsverkehr oder ohne gute Bahn-Anbindung kann das jedoch sehr nervig werden.

Ein Bahnhof liegt dagegen fast immer zentral in der Stadt und ist super angebunden an das Öffi-Netz. Und selbst wenn ihr mit dem Taxi weiterfahren wollt: Die Strecke zu eurer Unterkunft ist deutlich kürzer als vom Flughafen aus.

Skiurlaub Zugspitze

Nachtzug fahren ist günstig

Im direkten Preisvergleich schneiden die supergünstigen Schnäppchen-Flugtickets der Billigflieger oft als Sieger ab – aber das täuscht. Man vergisst nämlich, mehrere Kostenpunkte einzurechnen:

  • Sitzplatzreservierung (heutzutage fast überall verpflichtend)
  • Gepäckzuschlag (bei Easyjet um die 50 Euro pro 20-kg-Tasche – und wir sind sicher die einzigen, die zu fünft mit einer Tasche auskommen!)
  • Essen und Getränke am Flughafen und im Flieger (die sind nur noch ganz selten inklusive)
  • Anfahrt zum Flughafen (für uns messbar, da mit Mietauto oder Zug)
  • (Dauer-) Parken am Flughafen, wenn man sein eigenes Auto dabeihat
  • Fahrt vom Zielflughafen zur Unterkunft
  • evtl. Unterkunft am Flughafen für die erste Nacht
  • ganz wichtig: CO2-Ausstoß! Wenn ihr den kompensiert (zum Beispiel mit Atmosfair), habt ihr einen realeren Flugticket-Preis. Der Zug stößt im Vergleich dazu viel weniger CO2 aus.

Dagegen erscheinen Zugtickets, gerade wenn es durch mehrere Länder geht, zunächst vergleichsweise teuer. Aber hier ist eben auch alles schon drin: eine Übernachtung, Anfahrt ab der Haustür (mit City-Ticket ist der öffentliche Nahverkehr inklusive) und vielleicht bis zum Zielort und nicht nur bis zum Flughafen; Frühstück, Wasser und Snacks auf der Zugfahrt.

Wer frühzeitig bucht – ab sechs Monate vorher kann man die Super-Sparpreise der Bahn nutzen -, der kann richtige Schnäppchen machen. Und wer mit dem Nachtzug in Richtung Osten fährt, also zum Beispiel nach Ungarn oder in die Slowakei, der zahlt echt wenig!

-> mehr Spartipps zum (Nacht-) zugfahren haben wir weiter unten für euch

(Nacht-) Zug fahren ist einfach

Hasst ihr das nicht auch: orientierungslos und gestresst in einem fremden Flughafen stehen, den richtigen Check-in-Schalter suchen, dort die Daumen drücken, dass die Reisetaschen nicht zu schwer sind. Dann die Security-Schleuse suchen, hastig die Wasserflaschen austrinken, sich über vergessene Taschenmesser im Handgepäck ärgern, zwischendurch die Kinder beruhigen, die Angst vor dem Bodyscanner haben, mit dem Personal diskutieren, ob der mitgeschleppte Kindersitz wirklich an Bord darf, dann gefühlte Kilometer zum Gate eilen, während man nebenbei hastig versucht, seinen Gürtel wieder einzufädeln…

Und das Ganze bei der Ankunft am Zielflughafen noch einmal umgekehrt, nun mit Angst im Nacken, dass das Gepäck in Murmansk hängengeblieben ist.

Wie erholsam finden wir es dagegen jedes Mal, wenn wir mit dem Zug fahren! Wir steigen hier zu Hause mit unseren Taschen in die S-Bahn, die uns zum Bahnhof bringt. Fahrstuhl runter vom Gleis, Fahrstuhl rauf aufs Nachbargleis – schon sind wir startbereit. Nette Zugbegleiter helfen uns beim Einladen der Koffer in den richtigen Waggon, den wir dank Wagenstandsanzeiger schon vorher finden. (Kein Vergleich zum Zug-Paradies Japan, aber hey, es geht auch so.)

Essen, trinken, Taschenmesser und alles, was wir noch so brauchen, haben wir dabei – und dann breiten wir uns im Abteil schön aus. Niemand will unsere Pässe sehen, unsere Hosen betasten oder unsere Koffer durchwühlen. Stattdessen werden wir im Nachtzug vom Zugbegleiter begrüßt, der uns zeigt, wie unser Abteil funktioniert, ein freundliches Schwätzchen hält und schon mal die Frühstücksbestellung aufnimmt.

Hach, schön.

Bahnhof Neustadt

Hingehen, einsteigen, losfahren. Reisen kann so einfach sein…

Nachtzug fahren ist bequem

Wo wir schon dabei sind: Es ist sooo herrlich bequem im Nachtzug! Nicht angeschnallt wie im Auto oder im Flieger. Nicht mit verkrampften Beinen wegen zu wenig Fußraum – nee, schön ausgestreckt. Wir müssen weder Rücksicht nehmen auf den Fahrer (oder die Fahrerin), die uns sonst versehentlich in die Leitplanke steuert, noch auf Sitznachbarn im Flugzeug. Wir müssen nicht leise machen, weil wir unser eigenes Abteil haben.

Je nach Preisklasse haben wir unsere eigene Duschkabine mit Toilette (im Schlafwagen), oder wir müssen kurz ans Ende des Waggons laufen (im Liegewagen) – das finde ich vertretbar, zumal in der Toilettenkabine immer noch deutlich mehr Platz ist als in einem Flugzeugklo. Besser als an einer Autobahnraststätte ist es allemal.

Wir schauen aus dem Fenster, bis es zu dunkel ist, und sehen dabei deutlich mehr von unserer Strecke als aus dem Auto (weil Autobahnen aus naheliegenden Gründen durch die Pampa führen) oder aus dem Flugzeug.

Und wenn Schlafenszeit ist, dann heißt es: hinlegen und lang ausstrecken! Dieser Komfort ist unvergleichlich und ich finde ihn immer besser, je älter ich werde ;-)

Nachtzug Budapest

Mit dem Nachtzug nach Budapest: guten Morgen, wir sind in Ungarn!

Nachtzug mit Kindern fahren: Wie ist das so?

Es macht wenig Sinn, eine konkrete Nachtzug-Fahrt zu beschreiben, wenn ihr „ganz allgemein“ wissen wollt, wie Nachtzug fahren mit Kindern ist. Der Grund: Jeder Nachtzug ist anders. Es kommt zum einen auf die Eisenbahngesellschaft an, zum anderen auch auf die Buchungsklasse – da gibt es Liegewagen und Schlafwagen, Standard und Deluxe, Single-, Doppel- und Dreierabteile usw.

Einen guten Einblick in alle möglichen Arten von Nachtzügen und die jeweiligen Buchungsklassen bekommt ihr auf DER Website zum Zugreisen: Seat61.com. Dort sind wirklich alle Zugverbindungen aufgelistet, die man auf dieser Welt so benutzen kann, und fast alle mit detaillierten Beschreibungen und Fotos.

Wir haben bisher ganz verschiedene Nachtzug-Fahrten gemacht: in der Ersten Klasse in Thailand im Zweier-Abteil mit eigener Dusche (und eiskalter Aircon), in Vietnam im weniger luxuriösen Vierer-Abteil mit sehr landestypischer Versorgung (und mehrstündiger Verspätung wegen eines Erdrutschs…), im Dreier-Abteil von Prag nach Budapest mit eher rustikalem Ambiente…

-> Auf dem Blog von Traintracks könnt ihr Nachtzug-Berichte aus aller Herren Länder lesen.
-> Melanie ist im Nachtzug durch Schweden gefahren
-> Die Jungs von 1ThingtoDo haben Osteuropa im Nachtzug erkundet

Nachtzug Budapest

Dreierkabine im Nachtzug nach Budapest Keleti

Bisher waren wir immer zufrieden. Wir haben gut (wenn auch nicht allzu lange) geschlafen, die Aussicht genossen und uns über die Privatsphäre in unserem Abteil gefreut – ganz was anderes als ein Nachtflug in einer vollgepackten Economy Class!

Wer etepetete ist und nicht auf die Sauberkeit der zur Verfügung gestellten Bettwäsche vertraut, bringt sich vielleicht einen dünnen Hüttenschlafsack mit. Die meisten Nachtzüge bieten ein kleines Care-Paket mit Schlappen, Zahnbürste und Rasierer an, auch da kann mal also völlig unvorbereitet losfahren. Selbst Wasserflaschen, der morgendliche Kaffee und ein kleines Frühstück sind immer dabei (wobei wir uns als Veganer auf Reisen lieber selbst versorgen).

Und die Sicherheit? Wir wurden im Nachtzug nach Budapest ermahnt, die Kabinentür von innen zu verriegeln, wenn wir schlafen. Sofern ihr euch nicht das Abteil mit Fremden teilt, ist das auch gut einzuhalten. Jeder Waggon hat einen festen Zugbegleiter, der sich um seine Passagiere kümmert und zu Beginn der Fahrt die Tickets einsammelt – da kommt kein Unbekannter rein, um Dinge zu klauen. Wie ihr auf dem Foto seht, sind die Türen massiv und ohne Sichtfenster.

Ich habe keine Ahnung, wie hoch das Risiko ist, im Nachtzug bestohlen zu werden – innerhalb Europas würde ich es als gering einschätzen und habe zumindest noch nie diesbezügliche Geschichten gehört.

Nachtzug Budapest

Im Nachtzug nach Budapest

Ich war noch nie auf einer Kreuzfahrt, aber so stelle ich mir das Gefühl dort vor, wenn abends alle auf ihre Kabinen gehen. Obwohl man sich nur im Vorbeigehen auf dem Gang oder im Speisewagen sieht, nickt man sich freundlich zu – und teilt dasselbe Gefühl von freudiger Aufregung. „Wir gehen auf ein Abenteuer!“, schienen die leuchtenden Augen aller Mitreisenden zu sagen.

Wir haben japanischen Touristinnen geholfen, die Steckdose für ihr Ladekabel zu finden und vor der Toilette mit jungen Rucksackreisenden geschnackt, durch die Abteilfenster anderen Kids zugewinkt und unsere Kinder auf dem Gang Fangen spielen lassen (vormittags, als alle wach waren natürlich). Auf dem oberen Bett war genug Platz, um all den Spielzeugkram auszubreiten, während wir Eltern unten lesen und quatschen konnten – auch noch, als die Lichter gelöscht wurden und es „Gute Nacht!“ hieß.

Nachtzug mit Kindern ist wirklich schön!

Zugfahren in Vietnam mit Kindern

Popcorn zum Frühstück: muss im Nachtzug auch mal sein

Packliste für den Nachtzug mit Kindern

Auch wenn die Grundausstattung oft im Ticketpreis enthalten ist – ein paar „Essentials“ solltet ihr beim Nachtzug-Fahren mit Kindern dabei haben, um eine entspannte Reise zu genießen.

  • bequeme Kleidung für tagsüber – am besten im Zwiebelprinzip, wenn die Aircon ausfällt oder sich nicht ausstellen lässt
  • frische Unterwäsche ;-)
  • warme Schlafsachen für nachts – bei Liegewagen auch optisch tauglich, wenn man mal raus aufs Klo muss
  • Schlafbrille für empfindliche Schläfer
  • dicke Socken oder Schlappen für den Gang
  • Desinfektionsspray und Taschentücher (oder Wet Wipes) zum Abwischen von Abteiltürgriffen, Toilettenbrillen etc.
  • evtl. wasserdichte Unterlage für kleinere Kids, falls ein Malheur passiert
  • evtl. ein dünner Hüttenschlafsack oder ein Sarong zum Zudecken
  • MP3-Player/Tablet und Bücher für alle zum Zeitvertreiben
  • Reisespiele
  • reichlich Proviant und Snacks – mit möglichst wenig Zucker, um die Kids am Platz zu halten
  • Kopfschmerztabletten, Feuchtigkeitscreme und Meerwasser-Nasenspray gegen die trockene Luft im Abteil
  • kleiner Kulturbeutel, Waschlappen und Handtücher für die Katzenwäsche

Profi-Tipp: Packt die Dinge, die ihr im Abteil brauchen werdet (inklusive Kleidung!) in einen kleinen Extra-Rucksack, damit sie schnell zur Hand sind. In manchen Zügen wird das große Gepäck separat verstaut oder muss hinter der Tür eingeklemmt werden.

Profi-Tipp 2: Kleinere Kinder sollten nur ganz unten oder in der Mitte schlafen, das obere Bett ist sehr hoch! Einen Rausfallschutz bastelt ihr aus einer zusammengerollten Bettdecke; der Zugbegleiter bringt euch gern Nachschub.

Profi-Tipp 3: Der Zugbegleiter bringt euch gern heißes Wasser oder wärmt Fläschchen auf; einen Tauchsieder oder elektrischen Fläschchenwärmer fürs Baby braucht ihr also nicht mitzuschleppen.

Profi-Tipp 4: Eine Hängeaufbewahrung (z.B. von Ikea) ist für längere Zugfahrten sehr praktisch, weil ihr dann alle Kleinigkeiten auf einen Griff zur Hand habt. Aufhängen könnt ihr sie an der Leiter, am obersten Bett oder über der Abteiltür.

Nachtzug mit Kindern: wohin kann man fahren?

Mit dem Nachtzug fahren erscheint irgendwie altmodisch und „gestrig“. Das liegt schlicht daran, dass Nachtzüge früher deutlich weiter verbreitet waren. Als Flüge noch richtig Asche kosteten, Tag-Züge langsamer fuhren und es die Leute nicht gar so eilig hatten, war Europa von einem Netz aus Nachtzug-Verbindungen überzogen.

Ich selbst bin als Kind mit meinen Eltern im Nachtzug von Dresden nach Bratislava gefahren, unser Auto wurde mit aufgeladen. Von da ging es weiter in Richtung Bulgarien. Auch solche Autozüge sind selten geworden. Als Schülerin fuhr ich zum Schüleraustausch mit dem Nachtzug nach Genf in die Schweiz – dieselbe Strecke legte die Klasse meiner Tochter per Flieger zurück, weil es den Nachtzug nicht mehr gibt.

In Deutschland stellte die Deutsche Bahn 2016 die letzte Nachtzug-Strecke nach Paris ein. Seitdem werden Nachtzüge von der österreichischen ÖBB, der schwedischen Snälltaget oder der ungarischen MAV bedient, auch wenn die Zubringerstrecken durch Deutschland führen. Entsprechend kompliziert ist es, Nachtzug-Tickets zu buchen – das muss man nämlich auf der Website der jeweiligen Eisenbahngesellschaft tun, und die sind (mit Ausnahme der ÖBB) nicht unbedingt alle „state of the art“.

Frankfurt Hauptbahnhof

Ab nach Paris – mit dem TGV

Unsere Nachtzug-Tickets nach Budapest haben wir deshalb mit Hilfe eines Reisebüros gebucht, das auf Zugreisen spezialisiert ist: „Gleisnost“ aus Freiburg hat uns wunderbar beraten, eine Verbindung gefunden, die überhaupt nicht im Fahrplan gestanden hatte und uns die gesamte Organisation abgenommen. Perfekt!

Einen sehr coolen Service bietet auch Omio an – hier könnt ihr ganz bequem Zugtickets für den Nightjet und weitere Verbindungen mit der Schweizer SBB, der spanischen Renfe oder Trenitalia buchen, alles über dieselbe Website.

Seit einigen Jahren kommt allerdings wieder Bewegung in die Nachtzug-Szene.

Fliegen ist out, Nachtzüge sind in!

Allein die ÖBB bewegt mit ihrem Nightjet rund 1,4 Millionen Fahrgäste pro Jahr, die sich nach Corona auf knapp 3 Millionen verdoppeln sollen. Ratet mal, welche Kundengruppen die Nachtzüge bisher bevorzugt nutzen? Genau: junge Leute und Familien.

Bis 2022 sind 13 neue Nachtzüge in Planung, und auch drei andere Eisenbahnen werden neue Routen eröffnen. Am Ende soll ein europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz entstehen: der TransEuropaExpress TEE. Schon 2030 wird es acht TEE-Korridore in Europa geben, die jeweils mehrere tausend Kilometer lang und miteinander verbunden sind. Klingt das nicht klasse?

Hier einige Beispiele für neue Nachtzug-Verbindungen:

  • von Prag bis an die kroatische Küste mit dem tschechischen Regiojet
  • von Wien über München und Straßburg nach Paris ab Dezember 2021
  • von Zürich über Köln nach Amsterdam ab Dezember 2021
  • von Berlin nach Brüssel bzw. nach Paris ab Dezember 2023
  • von Zürich nach Barcelona ab Dezember 2024

Ach ja: Die Deutsche Bahn wird weiterhin keine Nachtzüge anbieten und sich auch nicht an dem Netz-Ausbau beteiligen. Warum auch. Düdüm.

Nachtzug Verbindungen ÖBB

Spartipps für günstige Zugtickets

Zugfahren ist teuer, heißt es oft. Finden wir gar nicht. Aber vielleicht achten wir auch immer auf diese Spartipps und andere Menschen nicht? Hier sind jedenfalls unsere Empfehlungen, mit denen wir fast immer ein günstiges Zugticket bekommen:

  • Falls ihr es noch nicht wusstet: Kinder fahren bei der Deutschen Bahn kostenlos, bis sie 15 Jahre alt (!) sind. In allen anderen Ländern zahlen sie ab 6 Jahren den halben Preis. Im Nachtzug mit Kindern gilt das allerdings nicht, es sei denn, ihr bucht für die Kleinen kein eigenes Bett.
  • Zugtickets in Osteuropa sind spottbillig und können auch tagesaktuell direkt am Bahnhof gekauft werden. Selbst lange Nachtfahrten! Es ist also deutlich günstiger, nur den Teil innerhalb Deutschlands über die Deutsche Bahn zu kaufen; Tickets für den Rest kauft ihr billiger nach dem Umsteigen vor Ort.
  • Auch in anderen Ländern sind Zugverbindungen oft etwas günstiger. Fahrt ihr über eine Grenze, schaut immer auch auf der Website der anschließenden Eisenbahngesellschaft, was das Ticket dort kosten würde.
  • Die Deutsche Bahn bietet für alle Strecken ein Kontingent von Sparpreisen und Super-Sparpreisen an, die sehr günstig sind. Spätestens zwei Wochen vorher sollte man buchen, sonst sind die Sparpreis-Tickets weg. (Mehr als sechs Monate im Voraus geht wiederum gar nicht, weil alle 6 Monate ein neuer Fahrplan mit neuen Preisen veröffentlicht wird.)
  • Wird es knapp, solltet ihr am besten morgens vor 6 Uhr oder abends nach 20 Uhr buchen, dann sind die Tickets noch am günstigsten. Die schlechtesten Aussichten habt ihr freitags und sonntags; sowohl beim Buchen als auch beim Fahren; dann reisen die meisten Menschen und die Tickets sind am teuersten.
  • Wenn ihr online bucht, nehmt das Häkchen bei „schnelle Verbindungen bevorzugen“ raus. Dann bekommt ihr auch billigere Strecken mit EC und IC angezeigt, die oft nicht viel länger brauchen (da der ICE nur selten Hochgeschwindigkeit fahren kann).
  • Achtung: Sparpreis-Tickets sind an einen festen Zug gebunden, also bucht am besten Hin- und Rückfahrt getrennt. Müsst ihr eine der Fahrten verschieben (vielleicht, weil ihr den Zug verpasst habt…), ist dann nicht das gesamte Ticket futsch.
  • Den Sparpreis und den Super-Sparpreis kann man mit der BahnCard 25 kombinieren und noch einmal 25 Prozent Rabatt bekommen. Für den Partner (der muss nicht verheiratet sein) gibt es die Partner-BahnCard 25 deutlich günstiger. Das lohnt sich unter Umständen schon für eine längere Zugreise. Allerdings gilt der Rabatt immer nur für die Strecke in Deutschland.
  • Jugendliche bis 18 Jahre bekommen die BahnCard 25 für spottbillige 10 Euro – nicht pro Jahr, sondern bis sie 18 geworden sind. Also schnell eine BahnCard zum 15. Geburtstag schenken!
  • Nachtzug-Verbindungen sind manchmal echt kompliziert zu finden. Spart euch die Mühe stundenlanger Recherche und beauftragt ein spezialisiertes Reisebüro.
Zug Wien

Einsteigen bitte – im richtigen Waggon!

Achtung: Nachtzug mit Kindern macht nur Sinn, wenn…

Nicht immer ist der Nachtzug die beste Idee, natürlich. Es gibt ein paar Dinge, die ihr bedenken solltet, bevor ihr euch in das Abenteuer Nachtzug mit Kindern stürzt.

  • Nachtzug mit Baby und Krabbelkind kann recht anstrengend werden, weil die schmalen Betten wirklich nur für eine Person taugen, ein Baby aber nicht gut allein schlafen kann/will.
  • Nachtzug fahren ist nur erholsam, wenn man schlafen kann. Kommt ihr in unbekannten Situationen oder mit Geräuschen nicht gut zur Ruhe, werdet ihr wahrscheinlich nicht gut schlafen. Unsere Kids wurden durch das regelmäßige Schaukeln und Rattern irgendwann müde, aber die Aufregung hat es durchaus hinausgezögert.
  • Nachtzug fahren mit mehr als 2 Kindern kann kompliziert werden, weil Schlafwagen-Abteile meist nur 4 Betten haben. Es gibt auch 6-Bett-Liegewagen, dort ist dann allerdings echt wenig Platz im Bett, man kann kaum aufrecht sitzen.
  • Wenn ihr zu Reiseübelkeit neigt, kann (!) die Bewegung des Zugs euch Probleme bereiten.
  • Nachtzug ist nicht gleich Nachtzug: Es gibt die etwas geräumigeren „Schlafwagen“ mit eigenem Bad/Klo und die günstigeren, aber viel engeren „Liegewagen“. Schaut vorher genau, damit es keine unschönen Überraschungen gibt.
Zug Wien Fenster

Panorama-Fernsehen ist inklusive

Seid ihr schon im Nachtzug mit Kindern gereist? Erzählt uns gern von euren Erfahrungen!

Jenny

8 Kommentare

  • Huhu, schöner Artikel! Wir planen im Mai mit unserer Tochter zu reisen, evtl. München – La Spezia. Ich komme mit dem (Größen-)unterschied von Liege- und Schlafwagen nicht klar. Welcher hat denn die breiteren Betten? Habe Angst, dass sie evtl. rauspurzelt und würde überlegen ob sie mit bei einem von uns schläft – geht das überhaupt vom Platz her?

    • Hallo Laura,

      der Unterschied zwischen Liege- und Schlafwagen ist: Im Liegewagen sind an jeder Wand 3 Betten übereinander, im Schlafwagen nur 2. Entsprechend sind die Betten im Schlafwagen etwas breiter, und im Liegewagen ist es vor allem oben sehr eng (und heiß, wenn die Aircon nicht funktioniert). Außerdem bekommt man im Schlafwagen „richtige“ Bettwäsche, im Liegewagen ist es nur so eine Wolldecke.
      Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Mit Kind das Bett teilen, geht nur, wenn das Kind wirklich klein ist. Das ist schon sehr eng da drin. Vor dem Rausfallen wird man durch ein hochklappbares Gitter geschützt, wie in einem Hochbett – da fällt man eigentlich nicht raus. Sicherheitshalber könnt ihr sie ja in eines der unteren Betten legen.

      Gute Fahrt!
      Jenny

  • Der Artikel ist zwar schon älter… aber hier ist unsere Nachtzugerfahrung: Wien-Hamburg mit 2 Kindern (das kleinere 5). Wir wollten an die Nordseeküste, weiter nach Dänemark… und es hat super geklappt! Ja, die Zug-Garnituren der öbb stammen wohl original aus den 90ern, wir hatten keine Dusche (egal für 1 Nacht) und WC am Gang (unsere kids müssen nachts zum Glück nie). Die Kinder haben wunderbar geschlafen (wir so najaaa…) und für sie war es ein Riesenabenteuer! Wir hatten auch unser Auto mit dabei – vor einigen Jahren gab es diese Verbindung nämlich noch als Autoreisezug.
    Das war ein Riesenvorteil: Wir haben uns die Kosten für 2 Wochen Mietauto und das Kofferschleppen erspart, trotz des anfangs erschreckend hohen Preises war die Bahn in Summe also wieder günstiger als Flüge für 4 plus Mietauto!
    Wir kamen morgens in HH an, und mussten nur noch in unser (bis oben vollgepacktes und mit den eigenen Kindersitzen ausgestattetes Auto klettern und losstarten.

    Autozugverbindungen gibt es leider nur noch ganz wenige, aber auch ohne Auto wollen wir als Familie unbedingt wieder mal den Nachtzug nutzen! Evtl. von Wien nach Livorno, Amsterdam oder Paris, oder von Innsbruck nach HH.
    Ich weiß ja nicht, wie es bei der deutschen Bahn ist, aber bei den öbb ist es ratsam, mehrere Monate im Voraus zu buchen – nur so als kleiner Tipp! :)
    Achja, Graz-Berlin stünde auch noch auf der Wunschliste (der fährt allerdings tagsüber), und das wäre vielleicht auch für euch Deutsche ein Tipp (denn, wie wir immer wieder feststellen, sind Graz und die Südsteiermark / das Vulkanland noch kaum am Touristenradar und somit echt interessante und ruhige Gegenden (und v.a. im Spätsommer / Herbst ein Traum!)
    :) Alles Liebe und ein Hoch auf das Zugfahren!
    Julia

    • Vielen Dank für eure Erfahrungen! An den Autozug habe ich auch noch tolle Kindheitserinnerungen – von 1988… Danach hab ich nie wieder einen gesehen. Das mit dem Vorbuchen haben wir auch schon bemerkt – am besten sollte man schon ein halbes Jahr im Voraus wissen, wohin man Nachtzug fahren will, glaub ich. Das ist echt ärgerlich, offensichtlich übersteigt hier die Nachfrage bei weitem das Angebot. Danke auch für den Tipp mit Graz, darüber habe ich tatsächlich vor Kurzem nachgedacht! Wenn man nur mehr Urlaub bzw. Schulferien hätte, seufz…

      Viele liebe Grüße
      Jenny

  • Wir sind auch schon als Familie im Nachtzug von München nach Udine gereist. Da war unser Jüngster 1,5 Jahre und der ältere 9 Jahre . Wir hatten für den Kleinsten ein Popup-Reisebett, welches wir auf die Liege gestellt haben. Die Koffer unten am Bett haben zusätzlich noch als Rausfallschutz gedient. Wir haben die Fahrt sehr genossen und nicht nur für die Kids war es aufregend. Auf dem Rückweg nach Hause hätten wir beinahe unseren Nachtzug verpasst, weil in Italien gestreikt wurde. Wir waren zum Glück rechtzeitig in Triest am Bahnhof um denZubringer nach Udine zu bekommen, bevor die italienische Bahn ihr Bahnverkehr einstellte. Nachtzugfahren mit der ÖBB können wir trotz der Aufregung am Schluss nur empfehlen. Ich hoffe auch, dass die Verbindungen in Europa zunehmen werden.

  • Ich bin ja noch nie im Schlafwagen gereist, nur einmal nach Rom im Liegewagen. Viel geschlafen habe ich da nicht, aber ein Erlebnis war es. Das wäre es sicher auch für meinen Sohn! Wäre schon cool, wenn es mehr Verbindungen geben würde. Warum planen die denn da so langsam???

    Liebe Grüße
    Gela

    • Tja, das scheint gar nicht so einfach zu sein, neue Strecken zu eröffnen… Wahrscheinlich sind auch einfach die neuen Schlafwagen noch nicht fertig. Ich stell mir vor, das funktioniert ähnlich, wie wenn man ein Flugzeug bauen lässt ;-) Wäre echt spannend, da mal hinter die Kulissen zu schauen!

      LG
      Jenny

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